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Die Windeln des Herrn Ö.

Bei den Grünen ist vieles anders als bei anderen Parteien. Es gibt nicht nur einen Vorsitzenden, sondern zwei. Die müssen „quotiert“ sein. Und das ist auch gut so, um einen lang vergessenen Berliner zu zitieren. Die Parteitage heißen „BDK“ (Bundesdelegiertenkonferenz) und sind noch nicht so völlig von den Vorsitzenden durch strukturiert wie bei den anderen Parteien. Noch nicht! Aber man arbeitet dran, offenbar zumindest das Männlein aus dem Duo …

Bei der letzten BDK in Münster kam offenbar der männliche Part der Vorsitzenden auf die glorreiche Idee, zu zeigen wie toll die Grünen „mit der deutschen Großindustrie können“. Und was lag da näher als das in heimischer Maultaschen-Reichweite liegende Unternehmen mit dem Stern? Herrscht doch im Ländle ein grüner Ministerpräsident, der auch gern, sogar im Wahlkampf, seinen Dienstwagen mit dem Stern zur Schau stellt[1], Imponiergehabe hin, Spritsparen her und Klimaschutz eh egal …?

Also verfügte offenbar erwähnter Vorsitzender, dass der Boss des Weltunternehmens „mit-dem-Stern-AG“ als Gastredner auf die BDK einzuladen wäre und ließ sich das im Bundesvorstand – ebenfalls offenbar – nach Schaffung von Tatsachen abnicken. Garstig wie die Grüne Basis nun aber leider immer noch ist, gab es ein paar Aufmüpfige, die DAS keine sonderlich gute Idee fanden. Immerhin stehen Gastredner auf Parteitagen doch immer für Gemeinsamkeiten. Und die doofe Basis fand, dass die Gemeinsamkeiten mit Herrn Z. (bei einer Firma die Rüstungsgüter an Kriegsteilnehmer exportiert[2], den Klimaschutz auf EU-Ebene nachhaltig verhindert[3] und bei Abgaswerten offenkundig bescheißt[4]) doch „sehr überschaubar“ wären. Also wurden Anträge gestellt, Herrn Z.  doch wieder auszuladen oder ihm zumindest die Gastrede zu streichen. Im Grünen Bundesvorstand wurde vermutlich heiß diskutiert, wie man die Kuh wieder vom Eis bzw. Herrn Z. von der Gastredner-Bühne bekäme ohne Gesichtsverlust für Herrn Z. oder für den Vorsitzenden und gleichzeitig dem erkennbaren Ärger der „bbB“ (blöden bösen Basis) soweit die Luft rauszunehmen könnte, dass diese zumindest keine der drohenden Kampfabstimmungen gewinnen würde. Mit über 40% und zweimal notwendiger Auszählungen wurde es übrigens dennoch ganz schön eng …

Darauf kam unser Parteifreund im BuVo auf die Idee, man könne ja als Gegenpart jemand von der gaaaanz kritischen Gegenseite einladen. Er fand mit Herrn R. einen Gegenpart, auf den das Anforderungsprofil passt. Und der sagte nach offenbar schwierigen und hartnäckigen Verhandlungen dann auch tatsächlich zu. Seine Teilnahme an der „Rettet den Ö.“-Aktion ließ er sich allerdings teuer bezahlen: Gleichlanger Redebeitrag wie Herr Z. und Teilnahme mit Herrn Z. an einer folgenden Podiumsdiskussion wurden fest vereinbart.

DAS wiederum schien dem Herrn Z. nicht zu schmecken, vermutlich drohte er mit Absage, wenn er sich Herrn R. auf einem Podium unangenehmen Fragen stellen müsste. So wurde kurzfristig – aufgrund einer Intervention der „mit-dem-Stern-AG“ und/oder direkt durch Herrn Z. – die Ablauf-Planung widerrufen. Herrn R. ließ man offenbar in der Meinung, die Absprache würde gelten. Soweit so schlecht!

Dann gab es aber ein Highlight, das schon ein gerüttelt Maß an Dreistigkeit beinhaltet: Herr Ö. stellt sich auf die Bühne zu einer „kurzen“ Ankündigung des Gastredners Z. Diese „kurze“ Ankündigung dauerte geschlagene 9 Minuten, seine Co-Vorsitzende hatte für ihre gesetzte Einführungsrede in den Tagesordnungspunkt nur unwesentlich mehr Zeit gehabt. In der gekonnt und mit erkennbarem Talent vorgetragene Rede („Brandrede“[5] nennt man sowas in Fachkreisen) war die Sprache von „Rückgrat, Selbstbewusstsein und Angst“: „Warum haben wir Angst, woher kommt diese Angst, liebe Freundinnen und Freunde? Angst ist kein guter Ratgeber, mit Angst gewinnst du keine Wahlen, mit Angst veränderst du die Republik nicht, mit Angst organisierst du keine Mehrheiten, mit Angst brauchst du Windeln. Ich brauche keine Windeln, sondern wir brauchen Rückgrat, liebe Freundinnen und Freunde, ….[6]

Klar adressiert war dies an vor allem an die Antragsteller der Gegenanträge[7] zur Gastrede des Herrn Z., deren Antragstellung allein offenbar schon als Majestätsbeleidigung (fragt sich nur: wer ist die Majestät – Z. oder Ö.?) interpretiert wurde. Doch genau mit dieser Aussage schließt sich der Kreis:

Wie war die Stelle mit dem „Rückgrat“ nochmal: „… wir brauchen Rückgrat, liebe Freundinnen und Freunde!“ Wie klein ist das denn?

Bleibt als Fazit die Frage:

Braucht besagter Redner wirklich keine Windeln?

[1] https://www.youtube.com/user/GrueneBW

[2] https://www.ohne-ruestung-leben.de/nachrichten/article/daimler-exportiert-militaerfahrzeuge-saudi-arabien-katar-tuerkei-56.html

[3] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/abgas-wie-seehofer-geplante-abgasregeln-torpedierte-1.3175698

[4] https://www.merkur.de/wirtschaft/betrug-bei-abgaswerten-us-autobesitzer-verklagt-daimler-zr-6137738.html

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Brandrede

[6] https://www.youtube.com/watch?v=Cy1b4EaQC_4

[7] 13:17: (ARD) Matthias Deiß kommentiert die Einladung von Zetsche: „Grüne Angst ‚Mit Angst organisierst Du keine Mehrheiten.‘ hat Cem Özdemir all jenen entgegen gebrüllt, die ihm in den letzten Wochen und auf diesem Parteitag das Leben schwer gemacht haben. Die seine Einladung an Daimler-Chef kritisiert und diesen in letzter Minute wieder ausladen wollten. Der ganze angestaute Ärger musste wohl mal raus. Für mich ein zentraler Satz dieser Bundeslegegiertenkonferenz.“ mittlerweile nicht mehr abrufbar:
http://blog.ard­hauptstadtstudio.de/unser­liveticker­vom­gruenen­parteitag/ 3/66

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