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Dringlichkeitsantrag zur LDV RLP in Idar-Oberstein

Paris 2015 – Marrakech 2016:
Der Schutz unseres Klimas beginnt in Rheinland-Pfalz

Hintergrund:

Aktuell ist der arktische Ozean ungewöhnlich warm, die Lufttemperaturen liegen 20°C über dem üblichen Niveau. Es gibt so wenig Polareis  wie noch in keinem November seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen. Seit 1979 hat das dicke, mehrjährige Eis um 90% abgenommen. Das Schmelzen großer Eisflächen im Norden verstärkt durch mangelnde Reflexion den Klimawandel. Eine globale Erwärmung von zwei Grad gilt als Schwelle, bei deren Überschreiten die Folgen des Klimawandels wie Gletscherschmelzen, Dürren oder Überschwemmungen verheerend wären. Die Gefahr, dass erste – nicht mehr rückgängige zu machende – „Kipp-Punkte“[1] überschritten werden, wächst mittlerweile wöchentlich. Der weitere ungebremste Ausstoß von Treibhausgasen wird diese Trends weiter verstärken und uns alle teuer zu stehen kommen. Doch noch stärker als uns trifft es diejenigen, die am wenigsten Schuld an der Veränderung des Weltklimas tragen: die ärmsten Länder unserer Erde. Das UNHCR rechnet damit, dass 200 Millionen Menschen fliehen müssen, weil sie durch den steigenden Meeresspiegel und die Ausbreitung von Wüsten ihre Heimat oder zumindest ihre Ernährungsgrundlage verlieren. Ein anderes Extrem ist Wassermangel – darunter werden in Afrika bis zum Jahr 2020 voraussichtlich 250 Millionen Menschen leiden.[2]

Im Dezember 2015 haben sich 195 Länder in Paris zum ersten Mal auf ein gemeinsames rechtlich verbindliches Klimaabkommen geeinigt. Etwa ein Jahr später fand im marokkanischen Marrakech vom 7. bis 18. November 2016 die nächste UN-Klimakonferenz (UNFCCC, COP 22) statt. Im Pariser Klimaabkommen wurde vereinbart, „den globalen Temperaturanstieg deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten und die Anstrengungen zu verfolgen, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen[3]. Auch die globalen Treibhausgasemissionen sollen so schnell wie möglich den Punkt erreichen, an dem sie nicht weiter ansteigen, im Anschluss sollen sie zügig reduziert werden. Darüber hinaus kamen die Länder überein, dass die Industriestaaten in Zukunft arme Staaten beim Klimaschutz und der Anpassung an die Erderwärmung unterstützen werden. Außerdem versprachen die Industrieländer in einer begleitenden Entscheidung, im Zeitraum zwischen 2020 und 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für arme Länder bereit zustellen, damit diese eine entschlossene Klimaschutzpolitik betreiben und die schädlichen Folgen des Klimawandels abmildern können.

In Marokko sollte diskutiert werden, wie die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden können und ob Anpassungen des Klimavertrages sinnvoll sind. Die Finanzierung des Klimaschutzes war ebenso Thema; dabei wurde unter anderem über die Unterstützung von Entwicklungsländern gesprochen. Von den 195 Staaten, die sich im vergangenen Dezember in Paris auf den Weltklimavertrag[4] einigten, haben ihn bisher 113 (Stand: 25.11.2016) ratifiziert. Diese Länder haben sich verpflichtet, die Ziele des Vertrags umzusetzen. Unter ihnen befinden sich die Europäische Union, Deutschland, die USA, China und Indien. Leider haben bisher nur drei dieser Länder auch einen Klimaschutzplan vorgelegt (Deutschland, USA, Mexiko) und drei weitere haben einen angekündigt. Aber, auch das ist bemerkenswert, 47 Entwicklungsländer, die sich in der „Gruppe der Verwundbaren“ zusammengefunden haben, haben den vollständigen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle beschlossen („Climate Vulnarable Forum“, CVF)[5].

Die Vertragsstaaten verpflichten sich, alle fünf Jahre ihre geplanten nationalen Klimaschutzbeiträge bekannt zu geben. 92 Länder bzw. Länderorganisationen haben das bisher getan. Beispielsweise haben die USA erklärt, bis 2025 ihre Treibhausgasemissionen auf 26 bis 28 Prozent unter dem Level von 2005 zu reduzieren. Allerdings hat der designierte Präsident – ein Klimawandelleugner – mittlerweile in ersten Erklärungen deutlich geäußert, alle Verträge bzgl. Klimaschutz prüfen zu wollen, ob sie der US-Wirtschaft und –Industrie schaden.[6] Zudem will er die Klimaforschung der NASA einstellen lassen. Die Europäische Union hat sich verpflichtet, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Der nach Paris halbwegs ambitionierte Plan der Bundesumweltministerin Hendrix zur Umsetzung durch die Bundesregierung wurde vor Marrakech in lockerer Reihenfolge, u.a. maßgeblich durch den Wirtschaftsminister Gabriel bis zur Unkenntlichkeit (kein Datum für den Braunkohleausstieg!) zusammen gestrichen. Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup: „Kein Kohleausstieg, keine Klimaziele für die verschiedenen Wirtschaftsfelder, keine ökologische Steuerreform: Mit diesem Lückentext verhöhnt Deutschland den Geist der Pariser Klimakonferenz.[7] Barbara Hendricks wies bereits im Oktober darauf hin, dass: „… wir das 40-Prozent-Minderungsziel bis 2020 wahrscheinlich nicht ganz schaffen werden, wenn wir nicht zusätzliche Maßnahmen ergreifen.“[8]DAS war vor den letzten Verschlechterungen der deutschen Regierungsbeschlüsse …

Bisher haben insgesamt 186 Vertragsparteien, die im Jahr 2010 einen Anteil von 90 Prozent an den globalen Treibhausgasemissionen hatten, »ihre beabsichtigten nationalen Beiträge eingereicht«. Nach UN-Berechnungen reichen die darin genannten Maßnahmen allerdings nicht für eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf zwei Grad. Im Vertrag ist vorgesehen, dass die selbstgesteckten Ziele ab 2023 im Abstand von fünf Jahren geprüft und verschärft werden.

Aktueller Stand der Bundesregierung

Statt alle Anstrengungen zu unternehmen, den Klimawandel zu begrenzen, arbeitet die aktuelle Bundesregierung genau in die entgegengesetzte Richtung:

 

Grüne Positionen

Wir Grüne haben auf unserer BDK in Münster gezeigt, wie wir uns Klimaschutz vorstellen: Die Ziele „Kohleausstieg bis 2025“ und „Produktionsverbot für Verbrennungsmotoren (außer aus erneuerbaren Energien) ab 2030“[10] setzen Marken, die für das Industrieland Deutschland ambitioniert, aber machbar sind.  Sie sind unumgänglich, sollen die nötigen Schritte zur massiven Treibhausgasverringerung auch nur halbwegs erreicht werden. Wie es auf der BDK richtig auf den Punkt gebracht wurde: „Bis 2050 muss Deutschland auf das CO2-Ausstoß-Niveau von Bangladesch herunter kommen, nicht umgekehrt!

Wurden in Münster mit den beiden Beschlüssen schon in der Zielvorgabe die nötigen Zeichen gesetzt, so ist auch der hier gezeigte Ansatz zu einem „Querdenken“ der Disziplinen beim Klimaschutz unabdingbar. Wir brauchen für Europa, für Deutschland, aber auch und gerade für Rheinland-Pfalz endlich einen Masterplan, der alle Sektoren der Treibhausgas-Einsparung zusammenführt, schädliche Nebenwirkungen der einen Einsparung auf andere Effekte berücksichtigt und vermeidet und so Optimierungen schafft. Neben Energieerzeugung und -einsparung sowie Verkehr müssen Landwirtschaft, Ernährung, Gebäudeeffizienz bei Neubau und Altbeständen „quer“ gedacht und vernetzt werden. Aber auch die scheinbar klimaferne Bereiche Bildung und Medienpolitik dabei mit den Umsetzungen zusammengeführt werden.

Bioenergie ist für den Verkehr nur soweit vertretbar, wie sie z.B. keinen Neuumbruch von Weideland oder stillgelegten Flächen verursacht. Klimaemissions-Ersparnis im Verkehr heißt nicht nur „Umstieg auf Elektrofahrzeuge“, sondern Ausbau des Radverkehrs, Stärkung des ÖPNV, Verringerung von Verkehrsflächen, Ersparnis von Verkehrswegen und mehr. Wir brauchen nicht nur neue Autos, wir brauchen eine neue, genauer formuliert: eine neu definierte Mobilität!

Klimaschutz in Rheinland-Pfalz

Aber auch in Rheinland-Pfalz muss sehr viel mehr geschehen, die Anstrengungen müssen erheblich verstärkt werden, wollen wir die ambitionierten, aber unumgänglichen Ziele erreichen. Das von uns eingebrachte und verabschiedete Landes-Klimaschutzgesetz sieht das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 vor. Als einziges Landes-Klimaschutzgesetz haben wir GRÜNE das verankern können, was heute der gesamte Planet anstrebt. Darauf können wir – wenn auch nur für einen kurzen Moment – stolz sein.

Wir haben mit Beteiligung von vielen ein integriertes Klimaschutzkonzept auf den Weg gebracht, und streben an, die Stromwende bis 2030 hinzubekommen, auch wenn der Koalitionsvertrag und die derzeitige Bundesregierung dies nicht gerade erleichtert.

Deshalb  muss jetzt die engagierte Umsetzung des Klimaschutzkonzepts beginnen, und dafür müssen auch zusätzliche finanzielle Ressourcen im Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen deshalb mit einem neuen Treibhausgas-Minderungsprogramm in allen Sektoren (Strom, Wärme, Verkehr) Anreize schaffen.

Wir wollen auch den Kommunen zu mehr Entscheidungsspielraum verhelfen, indem wir in der Kommunalverfassung klarstellen, dass Klimaschutz als gesamtstaatliche Aufgabe auch die kommunale Ebene mit einbezieht.

Wir brauchen einen Gesamtplan, der neben der Vielzahl von Einzelmaßnahmen den Kurs zur Zielerreichung aufzeigt: Ein klimaneutrales Rheinland-Pfalz!

Zu der Erarbeitung laden wir alle, auch und gerade die CDU ein, sich zu beteiligen. Der Landes-Klimaschutzbeirat muss jetzt aktiviert werden und seine Arbeit transparent aufnehmen. Die Energieagentur ist gefordert, insbesondere die Kommunen zu unterstützen und die dort vielfach vorhandenen Klimaschutz- und Energiekonzepte mit auf den Weg zu bringen. Eine Schwerpunktaufgabe muss daneben sein, aus der Vielzahl von Fördertöpfen einen möglichst großen Anteil nach RLP zu holen.

Zur Umsetzung der Klimaschutzziele in Rheinland-Pfalz beschließt die LDV von Bündnis 90/Die Grünen:

Fazit

Klimaschutz beginnt in den eignen „Vier Wänden“. Wir Grüne sagen klipp klar – ohne jemanden bevormunden zu wollen – dass wir Deutsche unsere Art zu leben umstellen müssen, wollen wir die notwendigen Klimaziele erreichen. Das muss nicht mit einer Verringerung der Lebensqualität verbunden sein, im Gegenteil wird diese bei einer konsequenten Umsetzung eher steigen. Wollen wir jedoch unseren Kindern und Enkeln eine Erde hinterlassen, die noch genauso lebenswert ist wie heute – oder lebenswerter – so müssen wir HEUTE mit den erforderlichen Umstellungen anfangen. Der Kohleausstieg z.B. wird uns Steuerzahler*innen dabei eine Menge Geld kosten, aber das ist gut investiert. Andernfalls zahlen unsere Kinder und Enkel noch wesentlich höhere Summen für die Schäden, die wir heute verursachen.

 

  1. Karl-W. Koch, KV Vulkaneifel
  2. Manfred Seibel, KV Südwestpfalz
  3. Dietmar Rieth, KV Südwestpfalz
  4. Jutta Paulus, KV Neustadt a.d.W.
  5. Bernd Schumacher, KV Südwestpfalz
  6. Natalie Wendisch, KV Ahrweiler
  7. Ronald Maltha, KV MYK
  8. Uwe Diederichs-Seidel
  9. Klaus Puchstein, KV Ahrweiler
  10. Ulrich Bock , KV Mayen-Koblenz
  11. Hans-Jürgen Lutz, KV Süw
  12. Jochen Marwede, KV Kaiserslautern Land

 

 

 

Begründung: Erfolgt mündlich

Begründung der Dringlichkeit: Der Antragsschluss lag vor der Konferenz von Marrakech und deren Ergebnissen.

[1]       https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3283.pdf

[2]       https://www.gruene-bundestag.de/themen/klimaschutz/gruene-klimapolitik-im-bundestag-08-12-2014.html

[3]           »Pariser Abkommen«, S. 2: http://unfccc.int/resource/docs/2015/cop21/eng/l09r01.pdf

[4]           http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/216161/klimagipfel

[5]           S.a. http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-11/erneuerbare-energien-klimawandel-kohleausstieg-klimakonferenz-marrakesch

[6]           Siehe z.B. : http://www.tagesspiegel.de/politik/klimawandel-klimapolitik-ohne-trump/14842252.html

[7]           https://www.greenpeace-magazin.de/nachrichtenarchiv/wieder-wurde-hendricks-klimaplan-gekuerzt-was-ist-davon-noch-uebrig

[8]           http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/22297-hendricks-dass-wir-es-nicht-schaffen-steht-nicht-fest

[9]           Die Europäische Kommission schreibt den Mitgliedstaaten seit Juli 2014 mittels der Leitlinien für Umweltbeihilfen für neue Ökostromförderungen spezielle Förderregime vor und will so eine Harmonisierung erreichen. Anstatt des bewährten Einspeisetarif-Modells sollen zukünftig nur mehr Ausschreibesysteme zugelassen werden, welche sich jedoch nachweislich in den letzten 15 Jahren nirgends bewährt haben. Damit greift die Kommission in EU-Primärrecht und geltende EU-Richtlinien ein. „EREF ist der Meinung, dass die Kommission mit diesen Leitlinien ihre Kompetenzen überschritten hat, und gleich gegen mehrere Teile des EU-Rechts verstößt“, erklärt Dörte Fouquet, Direktorin von EREF (Europäischer Dachverband der Ökoenergieerzeuger).

[10]     https://www.gruene.de/themen/klima-schuetzen/kohleausstieg-und-saubere-autos.html
In Norwegen hat die Regierung den Entwurf für einen Verkehrsplan vorgestellt, nach dem ab dem Jahr 2025 nur abgasfreie Fahrzeuge verkauft werden sollen .

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