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Grüne: Chaos oder bewusstes Durchzocken einiger Wenige?

Irgend etwas läuft hier schauderhaft schief …

Am Freitag ging ein unterschiedlich formatiertes, aber inhaltsgleiches Papier über mehrere Verteiler, das zwar weder Absender, Impressum oder Verantwortliche enthielt, aber immerhin in NRW über die offziellen Parteiverteiler ging:
„An: KV-Sprecher*innen NRW; Kreisverbände GRÜNE NRW; Bundestagsabgeordnete GRÜNE NRW; Ortsverbände GRÜNE NRW; Landtagsabgeordnete GRÜNE NRW; Landesvorstand gesamt + Beratende + MA; „Landesgeschäftsstelle (GLV+MA) GRÜNE NRW“; Bezirksvorstände GRÜNE NRW; Fraktionen GRÜNE NRW

Betreff: [GRUENE NRW – OVe] Positionspapier Afghanistan und Statement Sylvia

In der begleitenden Mail wurde erläutert: „dass Auf Nachfrage von epd … die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen, die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann die gemeinsame Linie des Papiers (bestätigte), an dem sie auch mitgewirkt hat.“

In dem verschwurbelt formulierten Papier (man muss manches 3x lesen, bevor man den Sinn versteht) ist die Rede davon bzw. wird der Eindruck erweckt, dass (Zitate):

Damit wird – vor allem bei schnellem Querlesen – der Eindruck vermittelt, die genannten Landesregierungen würden eine wesentliche Verschärfung der Abschiebungen nach Afghanistan mittragen.

DEM widerspricht umgehend die zuständige Ministerin in Rheinland-Pfalz:

Das Integrationsministerium Rheinland-Pfalz teilt die Sicherheitseinschätzung des Bundesinnenministers nicht, lehnt Abschiebungen nach Afghanistan ab und hat sich deshalb nicht an der Sammelabschiebung Ende letzten Jahres beteiligt.
Nach wie vor gilt: wir lehnen Abschiebungen nach Afghanistan ab und schieben daher auch nicht nach dorthin ab – Ausnahmen nach Einzelfallprüfungen gelten nur im Falle von verurteilten Straftätern und Gefährdern.

Fazit: Da ich meiner Ministerin nicht unterstelle, die Parteimitglieder derart dreist anzulügen (im Gegenteil, danke für die schnelle Reaktion!) ist das in NRW offiziell und offenbar auch in BaWü verschickte Papier zu hinterfragen:

  1. Wer hat außer Sylvia Löhrmann dafür die Verantwortung?
  2. Wer hat das Schreiben und den Versand veranlasst?
  3. Welche Interessen werden mit der Streuung verfolgt?
  4. Wer hat hier die Unverschämtheit, Absprachen und Zustimmungen von grünen Regierungsmitglieder vorzutäuschen, die nicht vorliegen?

Ich erwarte vom Bundesvorstand umgehend eine Aufklärung des Vorfalls und die Verantwortungsübernahme durch den/die Verursacher*innen, die m.E. – vor allem bezogen auf den 4. Punkt nur „Rücktritt“ heißen können. Nur so ließe sich noch größerer Schaden abwenden, als ohnehin schon entstanden ist.

Mit grünen Grüßen

Karl-W. Koch

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Anlage 1:
(11012017_Kommunikationslinie_Afghanistan.pdf) bzw.
(170112_PR_G-Länder AFG.pdf)

Rückführungen nach Afghanistan: Einschätzung der Sicherheitslage überprüfen, rechtsstaatlich handeln, humanitäre Handlungsspielräume nutzen

Die Grünen in den Landesregierungen von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen betonen eine Reihe von Grundlinien und Anforderungen bezüglich Rückführungen nach Afghanistan.

Sie verweisen dabei darauf, dass die Beurteilung der Sicherheitslage in einem Land und damit die Grundlage für Asylentscheidungen des Bundesamts für Migration und Flucht (BAMF) in die alleinige Kompetenz des Bundes fällt. Den Ländern obliege es im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenverteilung, diese Entscheidungen umzusetzen. Hieraus erwachse für den Bund gegenüber den Flüchtlingen, aber auch gegenüber den Ländern die Verantwortung, insbesondere bei so instabilen Staaten wie Afghanistan die Sicherheitslage kontinuierlich zu überprüfen. Angesichts bestehender Zweifel an der Einschätzung der Sicherheitslage, fordern die grünen Regierungsmitglieder die Bundesregierung auf, die Einschätzung zur Sicherheitslage in Afghanistan unter Einbeziehung der aktuell bekannt gewordenen Stellungnahme des UNHCR vom 22. Dezember 2016 aktuell und gemeinsam mit den vor Ort tätigen Hilfsorganisationen und NGOs erneut zu überprüfen. Ferner gilt es eine verbindliche Vereinbarung mit dem UNHCR und der Organisation für Migration (IOM) zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Rückführungen und freiwillige Ausreisen zu treffen.

Die Grundlinien im Detail:

  1. Die Länder vollziehen Rückführungen innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens in eigener Kompetenz. Ihnen steht für die Entscheidung, ob sie von der Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger absehen, nur ein sehr enger Entscheidungsspielraum zu. Liegen keine Abschiebehindernisse vor, die zur Erteilung einer Duldung berechtigen und sind alle übrigen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen gegeben, sind sie zum Vollzug von Rückführungen verpflichtet. Eine der Vorrausetzungen, die gegeben sein muss, ist eine Sicherheitslage im Zielstaat, die gewährleistet, dass Ausreisepflichtige keinen Schaden an Leben und Gesundheit nehmen. Diese Bewertung der Sicherheitslage obliegt dem Bund. Die Entscheidung darüber, ob Rückführungen nach Afghanistan grundsätzlich für möglich gehalten werden oder ob es zielstaatsbezogene Abschiebehindernisse gibt, trifft allein die Bundesregierung auf Grundlage ihrer Einschätzung der dortigen Sicherheitslage. Die derzeitige Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan durch die Bundesregierung ist teils widersprüchlich, teils unzureichend. Von verschiedenen Seiten gibt es gut begründete Hinweise, dass Afghanistan derzeit insgesamt nicht sicher genug ist für Abschiebungen.

Die GRÜNEN fordern die Bundesregierung deshalb auf, die Sicherheitslage in Afghanistan auf der Grundlage aktueller Einschätzungen ihrer Behörden und der vor Ort tätigen Hilfsorganisationen und NGOs erneut zu bewerten und dabei die vorhandenen, ernstzunehmenden Zweifel an der Sicherheitsbewertung einzubeziehen. Darüber hinaus fordern wir die Bundesregierung auf, dem Beschluss der Innenministerkonferenz in Koblenz aus dem Dezember 2015 nachzukommen und verbindliche Absprachen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Rückführungen und freiwillige Ausreisen nicht nur mit der afghanischen Regierung, sondern auch dem UNHCR und IOM (Internationale Organisation für Migration) zu treffen und diese vorzulegen. In diesem Sinne setzen sich die GRÜNEN auch gegenüber den Innenministern der Länder ein.

  1. Die Länder setzen das Ausländerrecht und damit auch vollziehbare Ausreisepflichten um. Die GRÜNEN setzen dabei im Einklang mit Recht und Gesetz vorrangig auf die freiwillige Rückkehr, die auch gefördert wird. Dies gilt auch in Bezug auf Afghanistan. Bislang sind weit mehr Menschen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt, als abgeschoben wurden. Die freiwillige Rückkehr macht den allergrößten Teil der Gesamtrückkehrer aus, sie ist humaner, kostengünstiger und geht unter dem Strich schneller. Für diesen Weg haben wir GRÜNE uns mit Erfolg eingesetzt; er sollte mit hoher Priorität weiter verfolgt werden.

Wo die freiwillige Ausreise scheitert, müssen jedoch auch zwangsweise Rückführungen per Abschiebung erfolgen. Auch sie sind als Teil des Bundesrechtes dort vorzunehmen, wo andere Optionen nicht greifen oder wo es dringend geboten ist. So werden etwa bereits seit langem Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.

  1. Von Abschiebungen nach Afghanistan dauerhaft und grundsätzlich abzusehen, ist für die Länder nur möglich, wenn die Bundesregierung ihre derzeitige Einschätzung der Sicherheitslage ändert. In Landeskompetenz kann ein Abschiebestopp Abschiebungen für maximal drei Monate aufschieben, aber nicht aufheben. Für die Länder besteht dagegen die Möglichkeit, die Ermessensspielräume im Rahmen des Aufenthaltsrechts zu nutzen, das individuelle an humanitären Grundsätzen orientierte Kriterien für eine Aussetzung der Abschiebung vorsieht. Auf Landesebene setzen sich die GRÜNEN auf dieser Grundlage dafür ein, dass vorrangig Straftäter und Gefährder abgeschoben werden. Zudem sollen die zuständigen Behörden bei der Prüfung von individuellen Abschiebehindernissen sowie der Organisation von Abschiebungen insbesondere die familiäre und gesundheitliche Situation von Ausreisepflichtigen, die Dauer ihres Aufenthalts und ihre bereits erbrachten Integrationsleistungen berücksichtigen. Darüber hinaus ist die Möglichkeit einzubeziehen, eine Duldung zur Durchführung einer Ausbildung (§60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz) zu erteilen.
  2. Sofern eine rechtskonforme den genannten Grundsätzen entsprechende Einzelfallentscheidung getroffen wurde, macht es in der Konsequenz für die Betroffenen bei einer Abschiebung keinen Unterschied, ob sie von den zuständigen Behörden in den Ländern einzeln oder als Teil einer vom Bund organisierten gebündelten Abschiebung zurückgeführt werden. Die GRÜNEN kritisieren jedoch die unwürdige öffentliche Darstellung von „Sammelabschiebungen“ zur politischen Instrumentalisierung. Dies gilt insbesondere dann, wenn dadurch der falsche Eindruck von undifferenzierten Massenabschiebungen erweckt werden soll. Denn auch bei gebündelten Abschiebungen gilt nach unserem Asylrecht die Einzelfallprüfung.

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Anlage 2:

Mail der Ministerin Spiegel, Rheinland-Pfalz

Folgende Mail wurde eben (Abend des 13.1.2017) in Rheinland-Pfalz von der zuständigen Ministerin über die Verteiler geschickt:

Liebe Freundinnen und Freunde,
aufgrund der Presseberichterstattung insbesondere in baden-württembergischen Medien ist es mir wichtig, die nach wie vor geltende und unveränderte Haltung des Integrationsministeriums und von mir persönlich nochmals zu verdeutlichen:
Das Integrationsministerium Rheinland-Pfalz teilt die Sicherheitseinschätzung des Bundesinnenministers nicht, lehnt Abschiebungen nach Afghanistan ab und hat sich deshalb nicht an der Sammelabschiebung Ende letzten Jahres beteiligt.
Nach wie vor gilt: wir lehnen Abschiebungen nach Afghanistan ab und schieben daher auch nicht nach dorthin ab – Ausnahmen nach Einzelfallprüfungen gelten nur im Falle von verurteilten Straftätern und Gefährdern. Unsere Einschätzung der Sicherheitslage ist, dass diese weiterhin problematisch und bedenklich ist. Die jüngste Einschätzung des UNHCR zur Sicherheitslage in Afghanistan bestärkt das Integrationsministerium in dieser Haltung.
Ich habe diese Haltung erst gestern wieder im Rahmen einer grünen Veranstaltung zu Flüchtlingspolitik in Simmern so vertreten und heute auch in Presseanfragen bekräftigt.

Viele Grüße, Anne Spiegel, Ministerin

MINISTERIUM FÜR FAMILIE, FRAUEN, JUGEND, INTEGRATION UND VERBRAUCHERSCHUTZ RHEINLAND-PFALZ

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