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Über die sinnvolle Anwendung von Coronatest-Kapazitäten

Coronatest zur Volksbelustigung?

Warum werden – bei den anstehende oder bereits erfolgten – Wiederöffnung der Schulen (und beim Notdienst der KiTas) nicht regelmäßige Tests der Beteiligten durchgeführt? Ein möglicher Grund wären nicht ausreichende Testkapazitäten. Das scheint zumindest aktuell (Datum heute: 25.4.) NICHT der Fall zu sein. In Deutschland wurden bisher ca. 2 Mio. Test durchgeführt (Stand 24.4., Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1105095/umfrage/anzahl-durchgefuehrter-tests-fuer-das-coronavirus-nach-laendern/). Die aktuelle Tageskapazität lag in der 14. Kalenderwoche (30. März bis 5. April) die Zahl der Tests bereits bei über 400.000 Tests. Danach sank die wöchentliche Testsumme wieder. In der Woche nach Ostern (13. bis 19. April) lag die Zahl der Tests lediglich noch bei etwas mehr als 320.000.(Stand 23.4., Quelle: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/zahl-der-coronavirus-tests-in-deutschland-geht-zurueck-16737897.html). Dabei wurde die Testkapazität laufend weiter erhöht. Derzeit beträgt die theoretische Testkapazität bis zu 700.000 pro Woche. Laut einem Arbeitspapier des zuständigen Ministeriums soll diese auf viereinhalb Millionen Tests pro Woche erhöht werden (Stand 21.4., Quelle: https://de.reuters.com/article/virus-deutschland-gesundheit-idDEKCN2231L8).

Mittlerweile gibt es also genügend Testkapazitäten: „Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt inzwischen die generelle Testung aller Atemwegserkrankungen auf eine mögliche Corona-Infektion. Tests seien nicht mehr an die Bedingung geknüpft, dass es ausreichend Kapazitäten gebe, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade in der Pressekonferenz des Instituts zur epidemischen Lage. Zum einen gebe es diese inzwischen, zum anderen sei die Erkältungssaison vorbei, und es seien ‚mehr Treffer‘ zu Covid-19-Erkrankungen zu erwarten“ (24.4., Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/rki-coronavirus-109.html). „Die große Koalition will ein weiteres Gesetzespaket zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie auf den Weg bringen. … Offenbar sollen künftig auch Menschen getestet werden können, die keine Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigen. Solche flächendeckenden Untersuchungen sollen die stufenweise Rückkehr zum normalen Wirtschaftsleben‘ ermöglichen, heißt es in dem Papier.“ (Stand 21.4., Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-tests-koalition-1.4883773).

Das alles ist Wasser auf die Mühlen der Fussball-Bundesliga-Verantwortlichen. Es seien also genügend Kapazitäten vorhanden, um die für erforderlich gehaltenen Tests der Profi-Kader von pro Woche durchzuführen, OHNE andere nötigen Tests zu blockieren. „Es geht an den Fakten vorbei, wenn unterstellt wird, dass eine mögliche engmaschige Testung eine Unterversorgung der Bevölkerung verursache“, schrieb das Präsidium. (Stand 21.4., Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/sport/fussball-bundesliga-fortsetzung-der-saison-unklar-100.html).

Ab dem 9. Mai soll die Saison mittels sog. „Geisterspiele“ fortgesetzt werden. (21.4., Quelle: https://www.welt.de/sport/article207394611/Corona-Krise-Bei-der-Frage-nach-der-Bundesliga-weicht-das-RKI-aus.html) Sieht man einmal davon ab, dass
a) die fehlende Stadionatmosphäre die Spiele (und somit ihre Vermarktung) drastisch beschädigen werden und somit zu sehr rasch nachlassendem Interesse an diesen obskuren Veranstaltungen führen werden
b) der Verlauf aufgrund extrem unterschiedlicher Bedingungen, nicht nur bzgl. der fehlenden Zuschauerunterstützung („13. Mann“) vor dem 9.5. und nach dem 9.5. zu Verzerrung und möglicherweise in der Folge zu Klagen vor Sport- oder öffentlichen Gerichten führen könnten
stellen sich vor allem die Fragen, WENN genügend Kapazitäten vorhanden sind, WARUM DANN NICHT
a) die Personengruppen (Lehrer*innen, KiTa-Mitarbeiter*innen, Personal in Pflegeheimen, Verkäufer*innen, …) endlich getestet werden (und zwar am besten regelmäßig!), die „systemrelevant“ sind und deren Gesundheit im staatlichen Interesse ja wohl mit Sicherheit gleich hoch zu bewerten ist
b) nicht auch Schüler*innen und Kinder in KiTas zumindest stichprobenartig getestet werden.

Das hätte gleichzeitig den großen Vorteil, dass dann endlich eine verlässliche Datenbasis geschaffen würde, mit der das Fortschreiten der Corona-Pandemie, der Grad der Infizierten, der Genesen (und somit Immunen) erfasst und eingerechnet werden kann, um so von den derzeitigen Ratespiele ohne vernünftige Zahlenbasis weg, hin zu verlässlichen Prognosen und Erkenntnissen zu kommen. (s. auch: https://andere-politik.de/2020/04/umgang-mit-den-zahlen-in-zeiten-der-krise/)

Die 36 Mannschaften der 1. und 2. Bundesliga spielen dabei keine Rolle!

Letztlich stellt sich auch die Frage, warum hier für EINE EINZIGE Sportart eine Ausnahme geschaffen werden soll, während dies alle anderen Profisportarten verwehrt wird. Von den Millionen Amateursportler*innen, deren Vereine im Moment gegen die Wand gefahren werden, mal ganz zu schweigen. Ausschlaggebend dürften hier die wirtschaftlichen Interessen und die gute Lobbyarbeit einige weniger Vereine sein …

25.4.2020, Karl-W. Koch

 

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