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Umgang mit den Zahlen in Zeiten der Krise

Ein großes Rätsel in den aktuellen Diskussionen – aber dennoch Entscheidungsgrundlage und somit maßgebend – sind die sog. „Sterblichkeitsraten“: Dabei werden „Todesfälle“ bezogen auf die „Zahl der Erkrankten“ berechnet. Damit gehen die Unklarheiten schon los.

Was sind „Covid-19-Todesfälle“?

Liegt ein solcher vor, wenn jemand AN Covid-19 stirbt? Oder auch wenn jemand (an etwas anderem) stirbt, der AUCH an Covid-19 erkrankt war? Oder wenn jemand an vergleichbaren Symptomen stirbt, aber z.B. eine normale Grippe vorlag? Autopsien werden aktuell offenbar so gut wie nie gemacht.[1]

Was ist die Zahlenbasis („Zahl der Erkrankten“)?

Sind das diejenigen, die positiv auf Covid 19 getestet wurden? Oder diejenigen, die an Covid-19 erkrankt sind? (Ein wesentlicher Teil der Infizierten erkrankt nicht und bleibt symptom-frei!) Und überhaupt: Wie intensiv wird in dem jeweiligen Land getestet, sind ausreichend Test, Durchführungskapazitäten für die Tests und Labore zur Bearbeitung vorhanden? Wird flächendeckend jede*r getestet? Werden nur Menschen mit Krankheitssymptome getestet? Werden evtl. selbst diese nicht alle erfasst?

Nur eine ausreichend hohe Anzahl wie an negativen Tests wie offenbar in Südkorea vorliegend liefern verlässliche Ergebnisse! Die Untersuchung von Gangelt (Kreis Hainsberg) hat ergeben, dass 15% der Einwohner*innen mit Covis-19 infiziert waren. Hier wurde erstmalig bewiesen: Längst nicht alle waren erkrankt oder hatten die bekannten Symptome. „Die Letalität (case fatality rate) bezogen auf die Gesamtzahl der Infizierten in der Gemeinde Gangelt beträgt mit den vorläufigen Daten aus dieser Studie ca. 0,37 %. Die in Deutschland derzeit von der Johns-Hopkins University berechnete Letalität beträgt 1,98 % und liegt damit um das 5-fache höher.“ ([2] Hervorhebungen durch den Verf., Letalität = Sterblichkeitsrate, Gangelt war DER deutsche Hotspot, hier müssten die Zahlen ÜBER dem Durchschnitt liegen).

Die Studie wurde mit 500 ausgewählten Bürger*innen aus über 1000 Teilnehmer*innen des Kreises durchgeführt und ist somit repräsentativ, wenn auch an der Untergrenze bzgl. der Gruppengröße, die Werte sind eingeschränkt (u.a. weil hier ja ein Hotspot vorlag) übertragbar. Sie zeigt, dass vermutlich in Deutschland – mit einer vergleichsweise hohen Testrate im internationalen Vergleich – die Dunkelziffer bereits Infizierter extrem hoch liegt. In anderen Ländern ist die mathematische Basis vermutlich noch deutlich schwächer. Bei den Berechnungen und Prognosen wurde dies bisher wenig berücksichtigt.

Mit diesen Fragestellungen wird schnell klar, dass die vorliegenden Zahlen aus Deutschland, USA, Italien, Türkei und woher auch immer wahrscheinlich kaum miteinander vergleichbar sein dürften.

Auch die Zahl der Vorerkrankungen in der Region, etwa durch Industriebelastungen (wie in der Region um Mailand) können eine Rolle spielen und müssten in einer seriösen Betrachtung hineingerechnet werden. [3]

Bei den gängigen Auflistungen wie z.B. DER Referenzquelle Johns-Hopkins[4] werden die Zahlen der Wieder-Genesen, Infizierten und Toten unkommentiert nebeneinander gestellt. Dabei müssten die Genesenen und die Toten von den Infizierten abgezogen werden, um den tatsächlichen Wert der AKTUELL Erkrankten zu bekommen.

Schnellstmöglich müssten (analog zu repräsentativen Wahlbefragungen) möglichst viele möglichst oft repräsentative Flächenuntersuchungen laufen. Die erste ist ab dem 08.04 in Bayern vorgesehen.[5] Erst dann lassen sich verlässliche Prognosen erstellen, auf Basis derer weitere Entscheidungen möglich ist. Nicht nachvollziehbar ist, dass dies nicht schon in Angriff genommen wurde. Die Untersuchung in Gangelt wurde vom Bonner Virologe Streeck in Absprache mit der NRW-Landesregierung vorgenommen, das eigentlich federführende RKI sah offenbar keine Notwendigkeit für diese Untersuchung.[6]

[1] https://www.pathologie-dgp.de/die-dgp/aktuelles/meldung/pressemitteilung-an-corona-verstorbene-sollten-obduziert-werden/

[2] https://www.land.nrw/sites/default/files/asset/document/zwischenergebnis_covid19_case_study_gangelt_0.pdf

[3] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-toedlich-ist-das-coronavirus-in-deutschland-16711071.html?premium

[4] https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6

[5] ZDF: Lanz, 7.4.2020

[6] https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-wie-lange-sich-das-coronavirus-auf-oberflaechen.1939.de.html?drn:news_id=1119266

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