Andere Politik | Archiv
von Karl-Wilhelm Koch, Simon Lissner 27.9.2013
Nachfolgend versuchen wir die Diskussion der letzten Tage nachzuzeichnen, zusammen zu fassen, zu bewerten und daraus erste Konsequenzen zu ziehen. Zur Zustandsbeschreibung gehört auch, dass wir uns Gedanken machen, was nun passiert.
Aktuell soll jetzt der linke Flügel gestutzt werden. Obwohl die Vertreter/innen des rechten Flügels (sog. „Reformer“) sowohl in Länderparlamenten, den Landesgremien, als auch in den Gremien der Bundespartei an führender Stelle stehen, also eindeutig, maßgeblich und oft auch mehrheitlich Ämter und Mandate ausfüllen, weisen sie nun jede Verantwortung für das Wahlergebnis von sich. Als Prototyp der Schuldzuweisung können Werner Schulz (Phönix-Interview) und Boris Palmer gesehen werden. Spannend wird dabei sein, wie lange Boris Palmer bei seiner Meinung bleibt, derzeit sei Schwarz-Grün keine Option. Die Pressekampagne in diese Richtung läuft bereits auf vollen Touren. Tenor: Die Linken der Grünen sind schuld an der Niederlage.
Auf diesen Zug springt auch Josef Fischer auf (siehe Spiegel online http://www.spiegel.de/politik/deutschland/joschka-fischer-rechnet-mit-gruenen-spitze-ab-a-924082.html), der von Reinhard Bütikofer für die Europa-Wahlkampagne im Zuge einer Ausschreibung für seine „Company“ den Zuschlag zur Gestaltung dieser Kampagne (nächstes Frühjahr sind EP-Wahlen) erhalten hat.
Insgesamt wird postuliert, die GRÜNEN hätten doch erhebliche Schnittmengen zur Union und die GRÜNEN sollten diese nutzen, um sich in Koalitionsgesprächen anzubieten. An Kritik bleibt fest zu halten, dass dies in Teilen nicht von der Hand zu weisen ist. Eben das war am Ende der mehrheitsfähige Kompromiss, der dazu führte, dass den GRÜNEN in zentralen Fragen ihre Themen für den Wahlkampf abhanden kamen. Der Vorwurf, den sich große Teile der Linken in der Partei machen lassen müssen, ist, diesen Kurs mit getragen zu haben. Die Strategie ist nun bereits ein drittes Mal gescheitert: „Wir verkünden, nach allen Seiten offen zu sein, am liebsten aber mit der SPD zu koalieren“, um dann später einen Kurswechsel vorzunehmen: „Wir wollen nur mit der SPD koalieren“. (weiterlesen…)
Die politische Lage in Deutschland hat sich in den letzten zwölf Monaten (seit, aber nicht nur durch Fukushima) grundlegend geändert. Die „etablierten“ Parteien, zu denen seit einiger Zeit auch die Grünen gehören, verlieren seit Jahren massiv an Vertrauen und werden gleichzeitig für bisherige NichtwählerInnen immer weniger zu einer Alternative. Die (unterschiedlichen) Ursachen sind Affären und Skandale, aber auch die Unfähigkeit, Politik zu gestalten und Lösung auf die aktuellen Fragen (wie vor allem zur laufenden Umverteilung von unten nach oben) zu präsentieren, die umsetzbar und wirksam sind. Das politische Handeln in Deutschland ist vielmehr ein Verwalten des Mangels an Lösungen, Aussitzen von Problemen und Verschieben von Entscheidungen, angeblich jeweils alles „alternativlos“. Beispiele: Die Grünen sind zufrieden mit dem Kapitalismus in Deutschland, die grundlegenden Prinzipien finden sie „in Ordnung“ (Hartz 4, Rentensystem, Bildungssystem etc. ). Sie versuchen lediglich, einige Fehler zu reparieren, die für die BürgerInnen in dieser Form als zu „hart“ empfunden werden. So wird eine neue Schule in NRW durch Löhrmann eingeführt, ohne das falsche dreigliedrige Schulsystem in Frage zu stellen. Forderungen nach Mindestlohn werden erhoben, ohne z.B. mit den Gewerkschaften das Problem anzugehen, dass dieser Mindestlohn für eine Rente gar nicht ausreicht. (weiterlesen…)